Die Hochspannungsleitung durchs Rottal muss ersetzt werden. Der Leitungsverlauf könnte sich dabei verändern. Doch bis es soweit ist, dürfte noch viel Zeit vergehen.
Swissgrid ist die nationale Netzgesellschaft der Schweiz, die für den Betrieb, die Sicherheit und den Ausbau des Schweizer Hochspannungsnetzes verantwortlich ist. Sie ist Eigentümerin und Betreiberin eines 6700 Kilometer langen Netzes.

Die Leitung zwischen Bickigen bei Burgdorf und dem Unterwerk Mettlen bei Eschenbach ist die älteste Hochspannungsleitung der Schweiz. Die 1928 gebaute Leitung habe das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, schreibt Swissgrid, und soll deshalb ersetzt werden. In einem ersten Schritt soll die Leitung saniert werden. Längerfristig wird sie ersetzt – und allenfalls neu geführt.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Projekt
Warum wird die Leitung zuerst saniert und danach neu gebaut?
Gemäss Swissgrid soll mit kurzfristigen Sanierungsmassnahmen der Betrieb für die nächsten 15 bis 20 Jahre sichergestellt werden. Dabei werden Isolatoren, Leiterseile und Armaturen an der bestehenden 220-kV-Leitung ersetzt. Das Landschaftsbild wird dabei nicht verändert. Diese Arbeiten finden voraussichtlich zwischen Februar und Oktober 2026 statt.
Ein Leitungsneubau hat einen sehr langen Zeithorizont. Die Planung und Ausführung erfolgt im Rahmen eines Sachplanverfahrens und beinhaltet auch die Prüfung einer räumlichen Verlegung der Leitung. Swissgrid hat das entsprechende Gesuch zum Start des Prozesses Ende März 2025 beim Bundesamt für Energie (BFE) eingereicht.
Wann ist mit einem Leitungsneubau zu rechnen?
Der Ersatz einer Hochspannungsleitung dauert lange, gemäss Swissgrid «zu lange». Vom Projektstart bis zur Inbetriebnahme einer neuen Leitung vergehen im Schnitt 15 Jahre. Einsprachen und Gerichtsverfahren führen allerdings immer wieder dazu, dass sich Projekte deutlich stärker verzögern und so bis zu 30 Jahre dauern. Als negatives Beispiel nennt Swissgrid das Projekt Chamoson – Chippis, wo es von der ersten Projektidee bis zur Inbetriebnahme im Herbst 2022 ganze 36 Jahre dauerte.
Für den Ersatz der Leitung durchs Rottal sieht der optimistische Zeitplan vor, dass bis 2035 die neue Leitung steht und die alte abgebrochen wird. Kommt es – wie anzunehmen ist – zu Einsprachen oder gar Gerichtsverfahren, kann sich der Neubau um 5 bis 10 Jahre verzögern.
Warum wird für den Leitungsneubau durchs Rottal eine neue Linienführung geprüft und nicht einfach entlang dem bestehenden Trasse gebaut?
Bei einem Sachplanverfahren muss der Leitungsbetreiber unabhängig vom Verlauf einer bestehenden Leitung den bestmöglichen Verlauf für eine neue Leitung finden. Dabei werden Start- und Zielpunkte sowie allfällige Fixpunkte betrachtet. In diesem Fall vom Unterwerk Mettlen zum Unterwerk Bickigen mit Anbindung des Unterwerks Willisau. In einem ersten Schritt wurde zusammen mit den betroffenen Kantonen Bern und Luzern ein Vorschlag für das Planungsgebiet erarbeitet. Nun geht es darum, den möglichen Raum für die neue Leitung weiter einzugrenzen. Dazu hat Swissgrid Arbeitskorridore vorgeschlagen. Das sind geografische Räume mit einer Breite von 400 bis 2 000 Metern Breite. Darin könnte dann zukünftig die neue Leitung geplant werden.
Nach welchen Kriterien werden die Varianten für die neue Leitung festgelegt?
Nebst technischer Machbarkeit spielen die Wirtschaftlichkeit und Aspekte der Raumentwicklung sowie der Umwelt eine Rolle. Also beispielsweise keine Naturschutzgebiete zu tangieren, das Landschaftsbild zu schonen und möglichst grossen Abstand zu Siedlungsgebieten zu halten. Die Abwägung der verschiedenen Faktoren führte zu den vorgeschlagenen Varianten. Welche davon weiterverfolgt wird, entscheidet eine Begleitgruppe unter der Führung des Bundesamts für Energie.

Wie könnte der Leitungsverlauf durchs Rottal zukünftig aussehen?
Für den Abschnitt zwischen Willisau und Hellbühl stehen vier Varianten für eine Freileitung zur Diskussion (in der Grafik die Varianten 2.1 bis 2.4). So könnte die Leitung zukünftig südlich von Ruswil verlaufen und danach weiter nach Hellbühl, wo die Leitung nördlich am Dorf vorbeiführen würde. Eine Variante sieht vor, dass die Leitung wie bis anhin auf den Ruswilerberg verläuft, dort jedoch nicht nach Neuenkirch, sondern in Richtung Hellbühl, wo sie mit der Leitung, die von Interlaken her kommt, zusammengeführt würde.
Für den letzten Abschnitt zwischen Hellbühl/Neuenkirch und Mettlen (im Bild violett) stehen wiederum zwei Varianten zur Diskussion: eine reine Freileitung und eine Kombination aus oberirdischer Leitung und einem rund drei Kilometer langen Abschnitt unter der Erde. Die eine Variante verläuft nördlich der heutigen Leitung, die andere näher an Rothenburg entlang des bestehenden Trassees.
In Neuenkirch und in Rothenburg führt die Leitung momentan mitten durch Wohnquartiere. Wird dies auch zukünftig noch so sein?
Nein. Mit einem Leitungsneubau ist dies nicht mehr möglich. Für diese Abschnitte wird die Leitung auf jeden Fall eine andere Linienführung erhalten oder teils unterirdisch geführt.
Wie werden die Gemeinden und Landbesitzer bei der Planung der neuen Leitung einbezogen?
Swissgrid informiert alle Gemeinden, durch welche die heutige Leitung verläuft und jene, die zukünftig im Planungsgebiet liegen. Die Mitwirkung ist dabei im Rahmen des Sachplanverfahrens definiert. Landeigentümer können laut Swissgrid erst einbezogen werden, wenn im Rahmen des Bauprojekts (gemäss Planung bis 2028) die betroffenen Grundstücke bekannt sind. Bei der aktuellen Situation mit verschiedenen Varianten ergeben sich viele mögliche Landeigentümer. Swissgrid sagt, es sei nicht möglich und auch nicht zielführend, bereits heute mit allen Gespräche zu führen. Auch die Öffentlichkeit soll regelmässig informiert werden. Swissgrid will jeweils bei grösseren Meilensteinen öffentliche Infoversammlungen durchführen, so wie jetzt zum Start des Sachplanverfahrens.
Werden Landbesitzer entschädigt, über deren Land eine Leitung führt?
Ja. Meist sind landwirtschaftliche Grundstücke betroffen. Die Entschädigungen basieren auf gemeinsamen Empfehlungen des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) und des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Eine Entschädigung erhalten Landbesitzer für Strommasten im Land, die diese die Land-Nutzung einschränken. Ebenso gibt es Geld, wenn eine Leitung über dem Grundstück verläuft.
Welche Beträge sind das?
In der Regel wird eine einmalige Entschädigung für 25 Jahre ausbezahlt. Die Ansätze berücksichtigen die Bodenbeschaffenheit und die Grösse des Masten-Fundaments. Für einen Strommasten in intensiv nutzbarem Ackerland werden bis zu 15000 Franken bezahlt, für einen im Grünland zwischen 3000 und 8000 Franken. Pro Meter Leitung über dem Grundstück wird 13.50 Franken entschädigt. Führt die Leitung also 500 Meter über das Landstück, werden dafür 6750 Franken ausbezahlt, auch dieser Betrag einmalig pro 25 Jahre.
Warum wird die Leitung nicht einfach in den Boden verlegt?
Eine 220 kV-Hochspannungsleitung in den Boden zu verlegen, stellt gemäss Swissgrid eine grosse Herausforderung dar. Denn Erdkabel verhalten sich aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften anders als Freileitungen. Das macht die Spannungshaltung schwierig und den Netzbetrieb unsicher. Deshalb werden Erdkabel nur punktuell eingesetzt. Für den geplanten Leitungsneubau wird eine Variante geprüft, in Rothenburg zwischen Wahligen und Rüti ein rund drei Kilometer langes Erdkabel zu bauen, um unter dem Industriegebiet, der Bahnlinie und der Autobahn A2 hindurchzukommen und das Siedlungsgebiet von Rothenburg zu umgehen.