Zum 30. Mal laden Bauernfamilien am 1. August zum traditionellen Brunch ein. Mit dabei sind auch 13 Bauernhöfe im Kanton Luzern. Trotz vielen begeisterten Gästen geht die Zahl der teilnehmenden Betriebe immer mehr zurück. Im Rottal ist das Angebot ganz verschwunden.
Stefan Schmid
Der 1. August-Brunch auf dem Bauernhof ist bei vielen Familien eine Tradition, über 100 000 Personen lassen sich jeweils am Nationalfeiertag mit einem reichhaltigen Frühstücksbuffet verwöhnen. Auf den Höfen warten selbstgemachte Köstlichkeiten wie Zopf, Brot, Käse, Most, Röschti mit Spiegelei oder frisch gebackener Fruchtwähe auf die grossen und kleinen Besucher. Zudem empfängt jede Gastgeberfamilie die Besucher auf individuelle Weise, mal findet der Brunch im Stall statt, mal auf dem Vorplatz. Einige organisieren Örgeli- Musik, andere eine Hofbesichtigung, Streichelzoo oder Spielecken für die Kleinen.
Eine Idee des Bauernverbands
Was 1993 als Idee begann, ist mittlerweile zu einem festen Programmpunkt geworden. Zum 30. Mal laden die Bauern in der ganzen Schweiz zum Brunch ein. Dahinter steht der Schweizer Bauernverband als Dachorganisation. Er kümmert sich, unterstützt durch die kantonalen Verbände, um die Kommunikation, Website, Sponsoring und die Koordination der Betriebe. Jährlich erscheint zudem ein gedrucktes «Brunchmagazin » mit einer Liste aller teilnehmenden Bauernhöfe. Für die Organisation des Brunchs ist jeder Betrieb selber verantwortlich. Dazu gehört das Essen, die Helfer und die Infrastruktur sowie weitere Angebote vor Ort. Auch die Finanzierung ist den Bauern überlassen. Sie bestimmen den Preis für den Brunch aufgrund ihrer Aufwendungen. Die Spannweite ist gross und liegt zwischen 25 und 45 Franken. Einzelne Betriebe haben in diesem Jahr den Preis um 3 bis 5 Franken erhöht, wie Sarah Fellmann, Projektleiterin des Brunches beim Schweizerischen Bauernverband auf Anfrage sagt. «Sie machen dies aber sehr ungern». Doch die gestiegenen Rohstoffpreise hätten vereinzelt Anpassungen nötig gemacht. Der Preis stimme aber immer noch für das was man bekomme, frisch und lokal produzierte Lebensmittel, ein grosses Buffet und Unterhaltung.
In diesem Jahr nur noch 270 Betriebe
Das Interesse am Brunch ist auch nach 30 Jahren nach wie vor gross, sagt Fellmann. Einzelne Höfe würden regelrecht überrannt und müssten auch Gästen absagen. Jedoch: trotz der vielen Nachfrage ist die Zahl der teilnehmenden Betriebe seit Jahren rückläufig. Waren in den Anfängen noch über 500 Betriebe mit dabei, ist die Zahl stark geschrumpft, wie die Statistik des Bauernverbands zeigt. In den letzten Jahren haben jeweils noch rund 350 Betriebe schweizweit einen Brunch organisiert, nur 15 bis 20 davon im Kanton Luzern. Und in diesem Jahr sind – trotz Jubiläum – noch weniger Bauernhöfe am Start. Nur 270 Betriebe wollen den Brunch anbieten. Wo liegen die Gründe für den Rückgang? Sarah Fellmann vom Bauernverband spekuliert: «Nach Corona wollen wohl einige Betriebe die Arbeit nicht auf sich nehmen und den 1. August selber geniessen ». Das Angebot müsse sich bei den Bauern erst wieder etwas etablieren, da man in den letzten zwei Jahren kaum Veranstaltungen organisiert habe. Auch die Erklärungen für den langfristigen Rückgang sind vielschichtig. Fellmann nennt den Generationenwechsel auf den Höfen. «Vielleicht wollen jüngere Generationen den Aufwand nicht auf sich nehmen, da sie sonst schon viel um die Ohren haben». Der Verband will nächstes Jahr wieder mehr Betriebe zum Mitmachen motivieren, wie Fellmann sagt, denn «der Brunch ist eine gute Gelegenheit, den Berufsstand der Öffentlichkeit zu zeigen und Goodwill zu schaffen.» Und an Gästen würde es den mitmachenden Betrieben nicht fehlen. Angesprochen auf Konkurrenz von anderen Brunch-Angeboten meint sie: «Das echte 1. August-Brunch-Feeling gibt’s nur auf dem Bauernhof.»
Kein Brunch-Angebot im Rottal
Im Kanton Luzern bieten 13 Bauernhöfe ein Brunchbuffet an (siehe Box). Nicht vertreten sind Betriebe im Rottal. Einige haben in früheren Jahren mitgemacht, so auch Hanspeter Bucheli auf dem Hof Pfaffischwand. Zweimal war er mit seiner Familie Gastgeber, letztmals 2018. Der Brunch wurde nur im kleinen Format organisiert für rund 30 Gäste. «Aufwand und Ertrag stimmten nicht wirklich überein » sagt Bucheli auf Anfrage. Für das kulinarische Angebot brauche es einen ziemlichen Aufwand und etwas Halbpatziges wolle er nicht anbieten. Zudem sei auf dem Hof keine eigentliche Lokalität vorhanden, um die Gäste unterzubringen, vor allem bei Schlechtwetter. Gründe für den Rückgang bei den Anbietern vermutet er auch in der momentanen Stimmung: «Die verschiedenen Initiativen wie Trinkwasser oder die nun anstehende Massentierhaltungsinitiative zeigen eine eher kritische Stimmung der Bevölkerung gegenüber den Bauern. Vielleicht ist der eine oder andere Landwirt darum auch weniger motiviert, als Gastgeber aufzutreten».
Eine Helfer-Entlöhnung ist nicht möglich
Auch Toni Seeholzer hat auf seinem Hof Oberamsig in Sigigen 2015 mitgemacht beim Brunch. Dies jedoch nur einmal. Seeholzer führt auf seinem Betrieb auch unter dem Jahr eine Vielzahl von Anlässen durch wie Firmenanlässe oder Hochzeitsessen. Darum habe man auch beschlossen, es bei der einmaligen Teilnahme zu belassen. «Wir wollten im Sommer auch mal ein wenig döreschnufe», sagt er. Den Brunch mit 250 Gästen stemmte er damals mithilfe seiner Familie und Blauring- Kolleginnen seiner Töchter: «Wenn man die Helfer entlöhnen müsste, wäre es nicht kostendeckend. Es gab dafür für alle ein Abschlussfest.» Andernorts ist ein 1. August ohne Brunch kaum mehr vorstellbar. So auch bei der Familie Schnider auf dem Birkenhof in Sörenberg. Sie feiert ihr 30-jähriges Brunch-Jubiläum. Und ist damit eine von landesweit sechs Bauernfamilien, die seit der ersten Durchführung des Events mit dabei sind. Wer sich bei ihnen oder einem anderen Betrieb noch anmelden will, muss sich sputen, die Plätze sind begehrt.