Simon Kurmann sucht mit dem Metalldetektor nach verborgenen Gegenständen aus früheren Zeiten. Mit Schatzsuchen hat sein Beruf jedoch wenig zu tun, denn viele Funde sind moderner Müll. Ein Rundgang mit dem Archäologen bei der Kastelenruine.
Langsam schwingt Simon Kurmann den Metalldetektor hin und her, nur wenige Zentimeter über der gemähten Wiese. Er schaut dabei konzentriert auf den Boden und macht kleine Schritte vorwärts. Plötzlich piepst das Gerät und sendet ein hohes, sirrendes Geräusch aus. Der Archäologe lauscht aufmerksam, hält an und bewegt den schwarzen Ring mehrmals über die gleiche Stelle. Der Ton wird lauter. Kurmann zieht ein rot-weisses Fähnchen aus seiner Tasche und steckt es in den Boden.

Spuren aus dem Mittelalter
Eine Stunde zuvor: Simon Kurmann parkiert das Auto der Kantonsarchäologie Luzern beim Museum Burgrain und nimmt aus dem Kofferraum den Metalldetektor, zwei Werkzeugkoffer sowie eine lange Halterung fürs GPS-Gerät. Schwer bepackt marschiert er auf dem Wanderweg hoch zur Kastelenruine. Für Forscher ein interessanter Ort – Spuren zeigen, dass der Hügel hoch über Alberswil wohl schon in der Jungsteinzeit vor 5000 Jahren besiedelt war. Im Mittelalter standen dort eine Burg und Wohnhäuser. Die Spuren der Vergangenheit liegen heute unter dem Boden. Archäologen rekonstruieren daraus, wie man früher gelebt hat. «Die Erde ist ein Archiv der Vergangenheit», sagt Simon Kurmann.
Dort wo der Detektor Metall anzeigt, kommt eine kleine Schaufel zum Einsatz. Kurmann entfernt damit zuerst die Grasnarbe und gräbt dann etwa 10 Zentimeter tief in den Boden. Er nimmt eine Handvoll Erde und fährt mit einem Handscanner darüber. Auch dieses Gerät piepst, wenn Metall in der Nähe ist. Trotz moderner Hilfsmittel ist das Finden eine Sisyphus-Arbeit.

Nur die oberste Schicht wird abgesucht, liegt ein Gegenstand tiefer im Boden, lässt ihn der Archäologe liegen. Die Erde schützt dort vor fremden Zugriff. Erst wenn die Erosion Dinge an die Oberfläche bringt, retten sie Archäologen. Die Kastelenburg und andere archäologisch wertvolle Orte werden dafür regelmässig abgesucht. Die Kantonsarchäologie arbeitet mit 15 ehrenamtlichen «Sondlern» zusammen, die für den Kanton Luzern unterwegs sind und ihre Funde nach Vorgabe dokumentieren. Sowieso gehören alle Fundstücke dem Kanton, auch wenn sie von illegalen Metallsuchern gefunden werden.

Im Kanton Luzern darf nur mit einer Bewilligung nach archäologischen Gegenständen gesucht werden. Das hat seinen Grund, sagt Kurmann. Laien würden oft einfach Löcher graben und dabei auch Spuren der Vergangenheit zerstören. Sowieso sei der genaue Ort und der Kontext wichtiger als der einzelne Fund.
Unspektakuläre Funde: Büchsen, Kaffeelöffel und Patronenhülsen
Als Schatzsucher sieht sich Kurmann denn auch nicht. Es geht nicht darum, möglichst wertvolle Funde aus dem Boden zu holen, sondern Dinge zum Verstehen der früheren Gesellschaften zu brauchen. «Wir haben eine Verantwortung als Gesellschaft für unser kulturelles Erbe: dieses zu bewahren und weiterzugeben».
Viele Funde sind weit weniger spektakulär als man sich vorstellt. «95 Prozent der Gegenstände sind Zivilisationsmüll», so der Archäologe. Er stösst an diesem Morgen zuerst auf einen Dosenring, dann auf ein Stück Alufolie, einen Kaffeelöffel und einen Hacken. Und er findet mehrere Patronenhülsen, eingraviert mit Jahr 1953.

Der Detektor macht unterschiedliche Geräusche – für Laien kaum hörbar – für Eisen und Buntmetalle wie Kupfer oder Bronze. So finden die Forscher ab und zu Schmuck oder eine Gürtelschnalle.
Kein Schwert, dafür alte Nägel
Auch Simon Kurmann hat schon spektakuläre Funde wie eine Pfeilspitze aus Bronze aus dem Boden gezogen. «Ein Traum wäre, mal ein altes Schwert zu finden», sagt er. So viel Glück hat er an diesem Tag nicht. Und doch stösst er bei der letzten markierten Fundstelle noch auf ein Überbleibsel aus dem Mittelalter: ein geschmiedeter Nagel, geschätztes Alter 500 bis 600 Jahre. Keine archäologische Sensation – und doch ein Zeugnis der Vergangenheit, von deren Archiv die Erde einen kleinen Teil preisgibt.