Fast zwei Franken kostet mittlerweile ein Liter Benzin. Regional gibt es jedoch grössere Unterschiede. Ein Vergleich im Rottal liefert spannende Erkenntnisse und zeigt, warum man sich bei der Suche nach günstigen Preisen nicht nur auf eine App verlassen sollte.
Bei 114 Franken bleibt der Zähler stehen, nachdem an der Tankstelle der fast leere Tank wieder aufgefüllt wurde. Wer viel mit dem Auto unterwegs ist, muss für den Treibstoff ziemlich tief in die Tasche greifen. Mittlerweile kostet der Liter Benzin um die 2 Franken, Diesel sogar darüber.
Im letzten Jahr gab es Rekordpreise
Kaum ein Preis steht so im Fokus wie jener für den Treibstoff. 1992 bezahlte man für einen Liter Bleifrei letztmals unter einem Franken. Mit der Erhöhung der Mineralölsteuer um 20 Rappen pendelte der Wert bis 2005 zwischen 1.20 und 1.40, bevor er in den letzten Jahren bis auf 1.80 stieg.

Im vergangenen Jahr dann trieben die Corona-Pandemie, die globale Versorgungskrise und der Krieg in der Ukraine den Preis auf weit über 2 Franken. Im Juni 2022 betrug der Durchschnittspreis für einen Liter Bleifrei 95 während einigen Tagen rekordverdächtige 2.31 Franken. Mittlerweile haben sich die Märkte bei der 2 Franken-Marke eingependelt.
Drei grosse Anbieter auch im Rottal
Verkauft wird Benzin in der Schweiz an über 3 000 Marken-Tankstellen und an einigen Hundert unabhängigen Tankstellen (meist Autogaragen).
Der Blick ins Rottal zeigt drei grosse Anbieter, die auch schweizweit die Nase vorn haben. Avia betreibt rund 600 Tankstellen, im Rottal je eine in Hellbühl, Ruswil und Rüediswil. Agrola, Tochterfirma des Bauernkonzerns Fenaco, führt etwa 400 Tankstellen, die meisten im ländlichen Raum, so auch eine in Hellbühl, Ruswil und Buttisholz. Schweizweit auf Rang 3 mit rund 330 Tankstellen folgt die Marke BP. Deren Tankstellen gehören mittlerweile der Oel-Pool AG, die mit der Tochtergesellschaft Moveri auch die Marke Ruedi Rüssel führt. BP hat je eine Tankstelle in Ruswil und Grosswangen. Einziger unabhängiger Anbieter ohne grosse Marke ist die Tankstelle der Garage Pfenniger in Grosswangen.
Preise sinken von Hellbühl nach Grosswangen
Nur bei wenigen Konsumgütern herrscht so eine hohe Preistransparenz wie beim Benzin. An praktisch jeder Tankstelle sind die Preise gut sichtbar angeschrieben. Wer sparen will, hält so nach günstigen Anbietern Ausschau.
Benzinpreise im Rottal
Agrola Hellbühl | 1.94 |
Avia Hellbühl | 1.92 |
Avia Ruswil | 1.90 |
BP Ruswil | 1.90 |
Agrola Ruswil | 1.90 |
Avia Rüediswil | 1.90 |
Agrola Buttisholz | 1.87 |
BP Grosswangen | 1.86 |
Garage Pfenniger Grosswangen | 1.84 |
Preis für einen Liter Bleifrei 95, in Franken
Stichtag: Mittwoch, 27. September 2023
Der Vergleich im Rottal zeigt spannende Erkenntnisse. Wir haben dabei jeweils den Preis für Bleifrei 95 notiert. Am Stichtag gestern Mittwoch sanken die Preise auf einer Fahrt von Hellbühl nach Grosswangen stets um ein paar Rappen (siehe Box). Ob Zufall oder nicht, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Interessant ist auch: in Ruswil verkauften alle vier Tankstellen zum Preis von 1.90. Und am günstigsten tankt man bei der Garage Pfenniger in Grosswangen.

Je ländlicher, je günstiger
Spannend ist eine Tankstellen-Tour aus dem Rottal hinaus. Geht es Richtung Entlebuch, sinken die Preise um 5 bis 10 Rappen, gestern pendelten sie laut TCS-Tankstellenkarte zwischen 1.78 und 1.85. Fährt man in die Region Sempachersee, steigen die Preise gegenüber dem Rottal um etwa 5 Rappen auf 1.95. Interessant ist der Blick in den Grossraum Luzern. In den Agglo-Gemeinden Emmen, Littau und Kriens zeigten die Säulen durchschnittlich 1.89, an den vielen Tankstellen in Ebikon ganze 1.97. Einzelne günstige Anbieter stechen heraus, so wie die Tankstelle Huber in Emmenbrücke Riffig mit 1.84. Aktuelle Preis-Spitzenreiter sind die beiden Tankstellen von BP und AVIA auf der Autobahnraststätte Neuenkirch. Hier zahlte man gestern stolze 2.08 Franken pro Liter.
Fazit: Die Preise im Rottal liegen leicht tiefer als in anderen Regionen. Je nach Fahrtrichtung kann es sich aber lohnen, auch mal einen Tankstopp ausserhalb des Rottals einzulegen. Was dabei gilt: Tendenziell sinken die Preise, wenn man von der Agglo in ländliche Gebiete fährt.
Grundstückpreise und Miete beeinflussen Kosten
Doch warum unterscheiden sich die Preise überhaupt für das gleiche Produkt und innerhalb weniger Kilometer? Die Oel-Pool AG, Betreiberin der BP-Tankstellen, schreibt dazu auf Anfrage: «Natürlich ist es so, dass in Regionen mit hohen Grundstückpreisen oder Abgaben, auch generell höhere Verkaufspreise zu erwarten sind.» Heisst, je städtischer ein Gebiet ist, desto höher sind die Immobilienpreise, die Mieten der Tankstellen, die Löhne der Angestellten und so weiter. Innerhalb der gleichen Region kommt es auch darauf an, ob die Tankstelle eine Grundstückmiete oder einen umsatzabhängigen Zins bezahlt. Und wer eine Tankstelle neu baut, muss höhere Abschreibungen für Gebäude und Technik einkalkulieren.
Auch die Landi sagt auf Anfrage, dass die unterschiedliche Ausrüstung einer Tankstelle die Preise beeinflusse. Unterschiede gibt es gemäss den Anbietern auch beim Treibstoff. Die Avia schreibt dazu: «Bei Avia werden Additive verwendet, die den Motor sauber halten und vor Korrosion schützen, was nicht alle Mineralölfirmen tun.»
Werben mit Shop und Zusatzleistungen
Dass die Preise wie gestern in Ruswil innerhalb eines Ortes sehr ähnlich sind, lässt sich mit der hohen Vergleichbarkeit der Preise erklären. BP schreibt dazu: «Sobald eine Tankstelle den Preis senkt, senken alle anderen die Preise auch. Das liegt daran, dass der Preis für die Kundinnen und Kunden jederzeit einfach ersichtlich ist und in die Tankstellenwahl miteinbezogen werden kann.»
Wenn nicht über den Preis, dann versuchen Anbieter die Kundinnen und Kunden mit anderen Vorteilen für sich zu gewinnen. Einzelne Tankstellen setzen 5-Rappen-Bons ein und vergünstigen so das Tanken. Oft betreiben grosse Anbieter auch einen Shop, wo Kunden einkaufen können oder Zusatzleistungen erhalten. Und Kundenkarten sollen Autofahrerinnen und -fahrer regelmässig an die gleiche Säule bringen. Wer die Kundenkarte einsetzt, profitiert laut den Anbietern von Monatsabrechnung und verschiedenen Promotionen.
TCS-App hat ihre Tücken
Nebst dem Blick aus dem Autofenster ist Benzinpreise vergleichen seit einiger Zeit noch einfacher geworden. Der Benzinpreisradar des TCS, eine Online abrufbare Karte, zeigt die Preise für praktisch alle Schweizer Tankstellen. Einziger Nachteil: Die Daten werden nicht von den Anbietern eingepflegt, sondern durch Kundinnen und Kunden. Nicht immer werden deshalb die tagesaktuellen Preise angezeigt. So zeigt die Karte für die Avia-Tankstelle Ruswil immer noch den Preis von 1.81 (statt 1.90) an, jene von Agrola 1.93 (statt 1.90).

Für noch mehr Transparenz und Wettbewerb interessiert sich auch die Politik. Eine Motion im Nationalrat forderte letztes Jahr eine staatliche Lösung, bei der Benzin-Anbieter ihre Preise täglich eingeben müssten. Eine ähnliches System existiert in Österreich. Ob damit die erhoffte «Preisspirale nach unten» erreicht wird, ist im Nachbarland allerdings umstritten. In der Schweiz wurde die Motion für eine offizielle Tank-App denn auch abgelehnt, mit Verweis auf die bereits bestehende TCS-Lösung. Wegen tiefer Preise extra Umwege zu fahren empfiehlt sich sowieso nicht, weder aus ökologischen noch aus ökonomischen Gründen. Der TCS schreibt dazu auf seiner Website, man solle besser die Preise beobachten und das Tanken mit Fahrten kombinieren, die ohnehin zurückgelegt werden müssen. Wenn sich der Tank in einer Region mit hohen Benzinpreisen leert, könne dort nur eine geringe Menge von wenigen Litern getankt werden und Volltanken für den Tag reserviert werden, an dem die Strecke zu einer Tankstelle mit günstigeren Preisen erfolgt.
So entstehen die Kosten für Treibstoff
Rund die Hälfte des Benzinpreises fliessen via Importabgaben, Mineralöl- und Mehrwertsteuer an den Staat. Etwa ein Drittel kostet das Rohöl und die Verfrachtung auf Containerschiffen an die Basler Rheinhäfen und den Transport innerhalb der Schweiz. Der Rest bleibt dem Handel und Verkauf in der Schweiz. Es sind dies Kosten für Lagerung, Transport, Logistik, Marketing oder Amortisation von Tankstellen. Dass Benzinpreise oft schwanken, hängt mit dem Weltmarkt zusammen: Selbst kleine Veränderungen an der Börse, bei den Frachtpreisen und im Wechselkurs Schweizer Franken und US-Dollar, beeinflussen den Preis am Zapfhahn. Auch die wirtschaftliche Entwicklung hat grosse Auswirkungen. Nach der Corona-Pandemie erholte sich die Wirtschaft wieder, aufgrund der steigenden Nachfrage sind auch die Öl- und Benzinpreise gestiegen.
Dazu kommt der Konflikt in der Ukraine, der das Ölangebot von Russland verknappt.
