Seit vielen Jahren züchtet Barbara Lang auf dem Hellbühler Hof Chrummbaum Damhirsche. Auf dem Rundgang erzählt sie, warum sie beim Schiessen auf Unterstützung angewiesen ist und wie die KKL-Christbäume im Gehege wiederverwendet werden.

Kaum sichtbar liegt ein junges Hirschkalb im hohen Gras. Barbara Lang nähert sich mit dem Besucher vorsichtig an. Während der Rest der Herde in einer Ecke grast und die Gäste aufmerksam mustert, ruht das Junge aus. Es lässt sich eine Weile streicheln, bevor es plötzlich aufhüpft und mit hohen Sprüngen zu seinen Artgenossen spurtet. «Die Tiere haben extrem viel Power», lacht Barbara Lang, «gleichzeitig strahlen sie etwas sanftes und majestätisches aus». Dieser Gegensatz mache sie so faszinierend.
Seit 34 Jahren züchtet Barbara Lang Damhirsche. Zuerst in Ruswil, seit 2009 in Hellbühl beim Chrummbaum. Die Hirsche sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Hofs, «nicht mehr wegzudenken», sagt die 55-jährige. Beim Besuch Anfang Juli leben rund 60 Tiere im grossen Gehege. Etwa die Hälfte sind Muttertiere, die anderen sind letztjährige oder erst wenige Wochen alte Jungtiere.
Hirsche müssen im Gehege geschossen werden
Nach 15 bis 17 Monaten werden die dann rund 30 Kilogramm schweren Hirschkälber geschlachtet. Das Fleisch ist begehrt, Abnehmer sind Privatpersonen, Restaurants oder Detailhändler wie Globus. Viele davon sind langjährige Hirschfleisch-Kunden. Das fettarme Fleisch sei gesund und sehr zart, sagt Barbara Lang. Da sie das meiste verkauft, kommt es in der eigenen Küche jedoch nur selten auf den Tisch.
„Hirsche haben extrem viel Power, gleichzeitig sind sie sanft und majestätisch.“
Barbara Lang, Hirschzüchterin
Hirsche werden nicht wie andere Zuchttiere im Schlachthaus getötet, sondern im Gehege geschossen. So will es das Gesetz. Anfänglich führten die Schüsse, damals noch in Ruswil, immer mal wieder zu erschreckten Anrufen bei der Polizei. Mittlerweile kommt deshalb ein Schalldämpfer zum Einsatz. Das Schiessen übernimmt ihr «Hobby-Schwiegersohn», auch wenn sie selber die dafür nötige Prüfung hat. «Doch ich bringe es nicht übers Herz», sagt Barbara Lang, auch wenn es bei der Hirschzucht dazugehöre. Hand legt sie dafür nach dem Schiessen an: die Tiere werden auf dem Feld «gestochen», damit das Blut ausfliesst, danach ausgenommen und im Kühlraum abgehangen, bevor sie zum Metzger oder direkt zu Restaurants kommen.
Besucher halten die Tiere für Rehe
Während in der freien Wildbahn in der Schweiz meist Rothirsche leben, sind es in den Zuchtbetrieben wie in Hellbühl mehrheitlich Damhirsche. «Doch fast alle Besucher meinen, es seien Rehe», sagt Barbara Lang. Im Volksmund glaube man oft, Hirsche seien die männlichen Tiere, Rehe die weiblichen. Trotz Ähnlichkeiten sind es jedoch verschiedene Tierarten. Eine Damhirschkuh ist grösser, das Fell ist heller und hat mehr Punktierungen als bei einem Reh.

Die Bäuerin schwärmt für ihre Tiere und beobachtet sie oft. «Es ist unglaublich beruhigend, beim Zuschauen fährt man herunter». Die Tiere seien sehr feinfühlig und würden Frequenzen wahrnehmen, die Menschen nicht spürten. Auch gegenüber der Züchterin sind die Tiere manchmal scheu und bleiben fern, selbst wenn sie getrocknetes Brot ins Gehege wirft.
Christbäume helfen gegen Würmer
Beim täglichen Check prüft Barbara Lang, wie es den Hirschen geht. Ein Problem sind Würmer, welche die Zuchttiere befallen können. Man habe herausgefunden, dass die Bitterstoffe vom Tanin in Nadelbäume dagegen helfen, sagt Barbara Lang und so das Entwurmungsmittel sparen. Seither landen jeden Januar zwei bis drei Anhänger voll Christbäume vom KKL Luzern im Gehege und werden von den Tieren fein säuberlich bis auf den Stamm gefressen.

Während die Tiere im Winterhalbjahr ihre Aktivitäten herunterfahren und viel herumliegen, sind sie in den momentanen Sommertagen sehr aktiv. Die Hirschkühe fressen, einige Mütter passen wie in einem Kindergarten auf die Jungtiere auf. Diese sprinten wie beim Fangis durchs Gehege oder verstecken sich hinter Bäumen, ein amüsantes Bild für Besucher. Hirschbock Max, er hat als einziger einen Namen, steht mitten in der Herde und beobachtet das Treiben gelassen. Damit ist es schon bald vorbei, wenn dann im Herbst die Brunftzeit beginnt.